Freitag, 2. Mai 2014

Ein kleines Drama in Kampala oder wie ich es ins lokale Fernsehen geschafft habe

Ich habe schon mal erwähnt, das ich für eine längere Zeit (ich glaube es waren an die zwei Monate) in einem Hotel/Hostel namens "Kampala Premier Inn" gewohnt habe. Ich wäre dort gerne noch etwas länger wohnen geblieben, doch letzten Mittwoch passierte etwas, was dies leider verhinderte. Diese Geschichte gibt es nun in diesem Eintrag zu lesen.

Es war ein Mittwochmorgen wie jeder andere. Ich war gerade aufgestanden und setzte mich um 10:00 Uhr an den Tisch, um mein Frühstück zu mir zu nehmen. Ich plauderte etwas mit Mark Okello und Joyce (sie war ebenfalls eine Angestellte im "Kampala Premier Inn"). Plötzlich kamen an die dreissig Polizisten in das Hotel, gefolgt von etwa zwanzig Männern, die aussahen, als wären sie Sträflinge. Ich wunderte mich ziemlich, was denn all diese Leute hier wollten, das Hotel bot nämlich nur Unterkunft für etwa zwanzig Leute.
Die Polizisten fingen an, mit den Angestellten des "Kampala Premier Inn" zu reden. Ich verstand leider nichts, weil es nicht Englisch war. Das ging so eine halbe Stunde weiter, eine Menge Bla-Bla, und ich konnte sehen, dass einer der Polizisten, ein Mann so fett wie ein Nilpferd, mit irgendwelchen Dokumenten herumhantierte und Notizen machte.
Schliesslich redete ich mit ein paar der Polizisten, ich konnte aber nicht herausfinden, was denn genau los war. Es dauerte noch ein Weilchen, dann kam der monströse Polizeimann zu mir und erklärte mir die Situation. Die Frau, der das Hotel gehörte, hätte die Miete die letzten drei Monate nicht bezahlt. Also würde nun alles, was ihr gehöre (sprich die gesamte Einrichtung), nach draussen verfrachtet. Er entschuldigte sich bei mir auch überschwenglich für die Unannehmlichkeiten.
Dann kam der Besitzer des Grundstücks (und des Hauses, in dem das Hotel ist) und fing an, mich anzubrüllen, ich hätte die Miete für die letzten drei Monate nicht bezahlt, was mir eigentlich einfalle und so weiter. Ich war erstmal etwas vor den Kopf gestossen, fasste mich aber schnell wieder. Als dieser Mann anfing, meine Brust mit seinem ausgestreckten Warnfinger zu traktieren, reichte es mir dann. Ich rastete aus und wies ihn zurecht, ich sei doch nur "a motherfuckin' guest, you fuckin' asshole!". Meinen Wutausbruch bemerkten die umstehenden Polizisten natürlich und sie beruhigten mich dann lächelnd. Sie erklärten dem Mann, ich sei wirklich nur ein Gast und hätte nichts damit zu tun, das die Miete ausgeblieben ist. Danach schüttelten wir uns die Hand, sein Angebot, ich könnte doch etwas warten, es würde nicht lange dauern und er würde sein eigenes Equipment bringen um das Hotel fortzuführen, lehnte ich aber dennoch ab. Ich kenne die Leute vom "Kampala Premier Inn" so gut, das es mir nicht gefiehl, fortan mit diesem Arschloch unter einem Dach zu wohnen.
Die Männer, die wie Sträflinge aussahen, fingen an, die Bude komplett auseinander zu nehmen. Alles wurde rausgeschmissen, -gerissen und -getragen. Es war ein ziemliches Chaos und man hätte meinen können, in dem Hotel sei ein Drogen- oder Waffenlager versteckt gewesen, das es nun zu finden galt. Die Leute schmissen das gesamte Interieur des Hotels einfach auf die Strasse. Ich habe ein Bild von dem Krempel gemacht, zumindest sieht man einen Ausschnitt davon:


Es wurde nicht gross Sorge zu den Sachen getragen, ich habe einige Betten gesehen, die komplett auseinandergerissen worden waren. Dann kamen ein paar Lastwagen und man begann, den ganzen Kram auf diese Trucks zu laden. Ich habe übrigens keine Ahnung, wo man das alles hingebracht hat :)
Die Lastwagen verstopften dann erstmal die Strasse und es bildete sich ein grosser Menschenauflauf, viele Autofahrer hielten auch einfach an und beobachteten das Schauspiel. Offenbar passiert sowas nicht aller Tage in Kampala :) Ich ging dann erstmal in meinen Raum, bevor die Leute alles rausreissen konnten. Dort packte ich mein Hab und Gut und trug es nach draussen an einen sicheren Ort. Die Polizei erklärte mir nämlich, ich solle mit meinen Dingen aufpassen, die angeheuerten Leute, die das Chaos im Hotel verbreiteten, seien nämlich dafür bekannt, gerne mal was mitgehen zu lassen :) Schon komisch, dass die Polizei mit denen zusammenarbeitet :)
Naja, jedenfalls spielte sich dann draussen ein kleines Drama auf der Strasse ab. Ich wartete zusammen mit den Angestellten des ehemaligen "Kampala Premier Inn" und ein paar von ihnen weinten, weil sie mit dem Hotel auch ihren Job verloren hatten und wie man weiss, ist es sehr schwer in Uganda einen Job zu finden, ganz einfach, weil es (fast) keine Jobs gibt...
Ich sprach ihnen dann gut zu und versuchte vor allem Joyce, der es wirklich nicht mehr gut ging, zu beruhigen. Das gelang mir dann auch ziemlich gut. Es dauerte nicht lange, da rissen die Leute den Kühlschrank aus der Küche und schleppten das Ding nach draussen. Dort stellten sie ihn ab und jemand öffnete den Kühlschrank. Er war vollgefüllt mit Bier. "Let's drink!", brüllte einer und die Meute stürtzte sich auf den Gerstensaft.
Ich ergatterte mir ein paar Bier und Smirnoff (Wodka-Getränk) und fing mit den Angestellten ebenfalls zu trinken an, während wir das Schauspiel weiter beobachteten. Jemand wollte dann noch Marks Schuhe stehlen, ich konnte das aber glücklicherweise verhindern :) Nun kamen zu dem ganzen Menschenauflauf und den Autofahrern auch noch die Leute von der Presse hinzu. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, um den Verkehr einigermassen zu regeln und die Leute daran zu hindern, Dinge aus dem Hotel zu stehlen. Die Sauferei hingegen schienen sie komplett zu ignorieren.
Da ich der einzige der Anwesenden mit weisser Hautfarbe war, roch die Presse natürlich die Story und die Reporter stürzten sich wahrlich auf mich. Sie schossen mindestens tausend Fotos von mir und dann wurde ich auch noch interviewt. Dreimal, von drei verschiedenen Fernsehsendern :) Ich hatte plötzlich ganz gut einen sitzen, weil es ja erst 11:30 Uhr morgens war und wir schon etlich Biere vernichtet hatten, die Interviews waren dementsprechend amüsant :)
Eine Stunde später beruhigte sich die Lage dann und die Trucks waren vollgeladen mit dem Kram irgendwo hingefahren. Ich wünschte allen Angestellten des ehemaligen "Kampala Premier Inn" alles Gute und machte mich von dannen, um noch kurz im ITCT-Center vorbeizuschauen, wo ich natürlich die Story der Woche auf Lager hatte :)

Ich kann sagen, ich hatte wirklich Glück gehabt, zu der Zeit noch im Hotel zu sein, als die Polizei mit ihren Helfern kam. So wurde mir nur mein MP3-Player und meine Sonnencreme (was zur Hölle?) geklaut. Andere Gäste, die zu der Zeit nicht im Hotel waren, aber natürlich ihr Gepäck in den Räumen gelassen hatten, standen dann plötzlich ohne jegliches Hab und Gut da, nur die Dinge, die sie am Körper trugen, hatten sie noch... Alles andere war geklaut worden. Oben auf dem Bild sieht man die GAPCO-Tankstelle, später am Abend berichteten mir die Angestellten dieser Tankstelle, sie hätten eine weisse Frau gesehen, die immer wieder weinend vor dem geschlossenen Hotel auf und ab gegangen wäre, wohl weil sie realisierte, das alles verloren war...
Am nächsten Tag sagte mir Charlotte, meine "Chefin" (man kann sie nicht wirklich als Vorgesetzte bezeichnen, weil ich es einfach nicht so empfand), sie hätte mich im Fernsehen gesehen... Ich hatte nicht unbedingt damit gerechnet, dass sie diese Story wirklich bringen würden, aber so war es. Auch als ich später an diesem Tag etwas in der Stadt rumging, erkannten mich einige Leute wieder und sprachen mich darauf an :) Es war schon sehr speziell, wenn einem Leute auf der Strasse wiedererkennnen, jetzt weiss ich zumindest ansatzweise, wie sich ein Star fühlen muss :)
Etwas Lustiges erzählte mir dann Mark vom ITCT-Center noch: Mister Francis, der Mann von der Ntinda East High School, wo ich Deutsch unterrichtet hatte, habe angerufen (ich habe nach ein paar Wochen den Unterricht dort eingestellt, weil meine Chefin mir gesagt hatte, ich solle mich auf andere Dinge konzentrieren). Er sagte Mark sowas wie: "First this guy tells us he has Malaria, then he goes travelling for two weeks and does not come back and now the guy is on TV. Who the fuck is this?"
Ich musste wirklich lachen. Was der Mann sagte, stimmt übrigens nicht. Ich hatte keine Malaria, sondern nur Bauchschmerzen, weil ich etwas Schlechtes gegessen hatte. Ausserdem hatte ich ihnen von meinen Reiseplänen (Roadtrip nach Mombasa) berichtet und mich danach auch abgemeldet. Naja, liebe Leser/-innen, so war das. Nächste Woche starte ich Richtung Südafrika (in Ruanda, Tansania, Malawi und Mosambik werden unterwegs weitere Abenteuer bestanden). Bis demnächst!

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