Ich habe letzte Woche damit begonnen, an einer Schule namens "Ntinda East High" als Deutschlehrer zu arbeiten. Bisher konnte ich dabei sehr gute Erfahrungen machen und ich erkläre euch nun, warum. Am 28. Februar ging ich mit Mark in die Ntinda East High, welche etwas abgelegen liegt, aber mit den Boda Bodas dennoch gut erreichbar ist. Auf dem letzten Kilometer zur Schule, gibt es nur eine staubige, holprige Piste, die einen teilweise ganz schön durchschüttelt.
Ein Mann namens Francis begrüsste uns und wir redeten darüber, was, wie, wann und wo ich an dieser Schule Deutsch unterrichten würde. Francis fragte mich ganz schön viele Fragen. Wie ist es in der Schweiz? Hast du Abitur? Warst du auf einer Universität? usw. Es dauerte etwas, bis ich ihm erklären konnte, dass sich das Schweizerische Schulsystem nicht ganz mit dem Deutschen (welches er kannte) vergleichen lässt. Francis spricht sehr gut Deutsch, das hat mich überrascht, er hat fast keinen Akzent, es klingt wirklich gut.
Francis ist auch Deutschlehrer an der Ntinda East High. Ich sei hier, um ihn etwas zu entlasten, weil er auch sonst noch sehr viel zu tun habe. Ich solle wiederkommen und meine Dokumente (Lebenslauf etc.) mitbringen. Er war also ziemlich angetan von mir und ich wusste sofort, dass es wohl klappen würde. Zuvor war ich schon an anderen Schulen gewesen, diese brauchten aber entweder keinen Deutschlehrer oder hatten schon einen oder mehrere. Ich ging am nächsten Montag wieder in die Ntinda East High und brachte meine Dokumente.
Wir besprachen, welche Klassen ich unterrichten würde. Am liebsten hätte mich Francis fünf Tage in der Woche an der Schule gehabt, doch da ich im ITCT-Center noch andere Aufgaben erledigen soll, beschränkten wir uns auf zwei Tage pro Woche (immer Dienstags und Freitags). Neben Deutsch könne ich die Schüler auch noch in Sachen IT unterrichten, sagte mir Francis. Das fand ich super! Ich suchte also den IT-Lehrer auf, damit er mir ein paar Klassen geben konnte. Sein Name ist Suleiman (hoffe ich schreibe das richtig) und er ist ein ziemlich aufgedrehter aber netter Typ. Er schrieb mir also die Klassen in meinen Stundenplan, welche ich unterrichten sollte.
Er sagte mir jedoch nicht, was ich unterrichten sollte, sondern nur wann. Ich war also erstmal etwas aufgeschmissen und mein erster IT-Unterricht fiel ins Wasser, weil Suleiman plötzlich unauffindbar war. Jedoch war das halb so schlimm, niemand störte das, was die Schüler anstelle vom IT-Unterricht machten, habe ich nie erfahren...
Die Woche darauf (also in der jetzigen Woche) ging es dann aber richtig los. Letzten Dienstag gab ich den ganzen Tag Deutschunterricht an vier verschiedene Klassen. Es gibt die Klassen S1 bis S6, wobei die Zahl das Niveau der Schüler repräsentiert. Sechs ist das höchste Niveau und eins das niedrigste. Ich hatte die Klassen S1, S2, S3 und S4. Diese unterscheiden sich sehr in der Anzahl Schüler. Während die S1 an die 40 oder gar mehr Schüler sind (habe sie nicht gezählt), so gibt es in der S4 nur drei Schülerinnen. Der Unterricht war sehr lustig und interessant. Die meisten Schüler können schon etwas Deutsch und wir hatten eine Menge Spass. Ich spielte ihnen Musik mit Deutschen Texten vor, wir lasen gemeinsam aus einem Deutschlernbuch und ich versuchte natürlich, die Kinder so oft wie möglich sprechen zu lassen, weil ich denke, dass sie es so am besten lernen.
Auch waren die Schüler sehr interessiert an meiner Person und von wo ich herkomme. Ich erzählte ihnen viel von der Schweiz und von Deutschland und Europa an sich. Für viele ist es ein Traum, an einer Deutschen Universität zu studieren oder auch nur Europa einmal zu sehen und zu erleben. Was ich bemerkte war, dass viele der Schüler eher schüchtern sind. Sie getrauen sich nicht laut zu sprechen oder versinken im Boden vor Scham wenn sie einen Fehler machen. Ich lockerte das Ganze aber mit ein paar witzigen Sprüchen auf und das half enorm, um das Eis zu brechen.
Viele der Lehrer an der Ntinda East High sind relativ streng, ich wollte das aber nicht ganz genau so mitmachen. Meinen Unterricht empfinde ich eher als locker und spielerisch, was bei den Kindern gut anzukommen scheint. Auch sagten mir viele Schüler, dass sie mich mögen und das ich ein cooler Lehrer sei. Das freute mich natürlich enorm. Wenn ich eine Klasse verliess, war es immer sehr süss, wie die Kinder reagierten. Sie winkten mir nach, klatschten in die Hände und riefen mir "Aufwiedersehen" hinterher.
In Ugandischen Schulen werden Kinder zum Teil noch mit dem Stock gezüchtigt, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Schon an meinem ersten Tag an der Ntinda East High sah ich einen Lehrer mit einem dieser Stöcke rumlaufen. Andere Strafen sind zum Beispiel das Putzen der Klassenzimmer. Interessant ist ausserdem, dass die Schüler ihr Leben während den sechs Jahren an der Schule (deshalb S1 bis S6) immer dort verbringen, ausser sie haben Ferien. Die Schüler leben also eigentlich in der Schule, sie essen dort, sie schlafen dort. Ich habe die Schlafräume nicht genau gesehen, sie erinnerten mich aber etwas an die Baracken für Juden aus dem zweiten Weltkrieg (hoffe, der Vergleich ist nicht zu hart, aber das war wirklich mein erster Gedanke).
Das Alter der Schüler reicht von ca. 13 Jahren bis hin zu 19 Jahren. Das Schulgelände ist relativ weitläufig und macht im Vergleich zu anderen Schulen, die ich gesehen habe, einen guten Eindruck. Ich werde bei Gelegenheit mal noch ein paar Fotos davon machen, damit ihr euch das besser vorstellen könnt.
Die Ntinda East High ist eine muslimische Schule und ich war erst etwas skeptisch, weil ich ja bekanntlich nicht viel mit Gott und Religion anfangen kann. Ich wurde aber sehr positiv überrascht. An dem Freitag, an dem ich eigentlich IT unterrichten sollte, dies aber nicht konnte, weil mir Suleiman nicht gesagt hatte, was ich unterrichten soll, hatte ich eine sehr spannende Diskussion mit drei Lehrern. Alles fing damit an, dass ich erwähnte, ich sei sowas wie ein Atheist und glaube nicht wirklich an Gott.
Darauf folgte ein fast dreistündiges (!) Gespräch über Gott und die Welt. Die drei Lehrer wollten mich dabei nicht von ihrer Religion überzeugen, sondern mir nur darlegen, warum sie an Gott glauben. Ich muss sagen, ich war tief beeindruckt darüber, was diese Menschen zu erzählen wussten und was ihrer Meinung nach Gott ist und für was er steht. Noch nie zuvor hatte ich jemanden so gut über dieses Thema sprechen hören und ich merkte, dass diese Menschen ihren Glauben tief in sich verankert haben. Es war äusserst spannend ihnen zuzuhören und ich geriet manchmal etwas in Erklärungsnot, wenn sie mich fragten, was ich denn dazu sage (mir gingen fast etwas die Argumente aus, warum es keinen Gott geben sollte) :) Die, die mich kennen, wissen, dass ich beim Thema Religion sehr wenig Geduld habe, diesmal war es aber anders und ich diskutierte sehr gerne mit ihnen darüber. Alles in allem also eine sehr gute Erfahrung und ich lernte dabei auch die drei Menschen gut kennen.
Immer zwischen 13:00 Uhr und 14:00 Uhr ist Lunchbreak, also Mittagspause und es gibt natürlich auch etwas zu Essen. Dies variiert aber meist nicht gross. Einmal gibt es Reis mit Bohnen und Posho (
Bezeichnung für einen Getreidebrei aus Maismehl, der zu relativ fester Konsistenz gekocht wird), am nächsten Tag gibt es Reis mit Bohnen und Bananen. Ich kann es zwar essen und habe kein Problem damit, aber schmecken tut es mir jetzt nicht wirklich gut... Meine Schüler fragten mich schon: "Teacher can you buy us Lunch?" und als ich fragte "Why?" antworteten sie mir "Today they serve ugly Posho again." Ich musste lachen. Ob es ein Witz war oder nicht, bin ich mir nicht sicher. Als ich es den anderen Lehrern erzählte, waren sie davon überzeugt, die Kinder hätten nur einen Witz gemacht...
Ich werde auch noch ein paar Fotos von meinen Schülern und dem Unterricht machen und sie hier reinstellen (hoffe, das ist erlaubt). Ich hatte also bisher eine Menge Spass an der Ntinda East High School und werde das sicher auch in Zukunft noch haben!!! Sehr wahrscheinlich mache ich das noch fünf Wochen und danach werde ich wohl weiterreisen. Auch am ITCT-Center habe ich schon meinem ersten Schüler Unterricht in grafischem Gestalten gegeben. Darüber und über meine Zukunftspläne aber später mehr. Bis dahin eine gute Restwoche euch allen.