Dienstag, 27. Mai 2014

Reise in den Süden: 1. Etappe - Tansania/Dar es Salaam

Ich reise im Moment per Bus von Uganda gen Süden. In mehreren Abschnitten werde ich euch nun davon berichten. Die erste Etappe führt von Kampala nach Dar es Salaam in Tansania.

In einer Bar in Kampala mit dem Namen "Misch-Masch", habe ich an einem Abend zwei Leute kennengelernt, mit denen ich mich so gut verstand, das wir abmachten, einen Roadtrip zu machen. Diese beiden Menschen sind Andrew aus Richmond, Kentucky und Eva, die von irgendwo aus Belgien kommt :)
Wir hatten uns mehrmals in Kampala getroffen und alles besprochen. Also suchten wir in Kampala nach einem Bus-Office, welches Busfahrten nach Dar es Salaam in Tansania anbietet, weil das unsere erste Station werden sollte. Wir fanden dann auch recht schnell eines: Simba Coaches. Für 150'000 Ugandische Schilling konnte dort jeder von uns ein Ticket erwerben. Der Bus würde an einem Montagmorgen um 06:00 Uhr losfahren.
In Nakasero, einem Stadtteil von Kampala, traf ich dann Sonntagmittags noch einen guten Kumpel (Samuel Bamulanzeki), der mir anbot, ich könne die letzte Nacht in der Stadt gratis in seinem Haus übernachten (ansonsten hätte ich die Zeit bis zur Abfahrt einfach mit meinen Freunden in einem Tanzschuppen totgeschlagen). Das machte ich dann auch und schlief nach ein paar Drinks auf seinem Sofa, wo ich mir einige Moskitostiche einfing :) Am nächsten Morgen wachte ich aber pünktlich auf und machte mich mit einem Boda Boda auf den Weg zu dem Ort, wo der Bus abfahren würde. Das Gepäck hatte ich am vorderen Abend schon im Bus-Office deponieren können, damit ich es nicht noch die ganze Nacht mit mir rumschleppen musste.
Ich erreichte den Ort, wo der Bus und Andrew schon auf mich warteten. Wir stiegen in den Bus und warteten auf Eva. Sie hatte aber verschlafen und wir fuhren relativ pünktlich um 06:10 Uhr los. Ohne sie :)
Ich erwartete eine Busfahrt von ungefähr 10-12 Stunden, um Dar es Salaam zu erreichen, die Mitarbeiter der Busgesellschaft an Bord erzählten uns aber, wir würden Dar es Salaam erst am nächsten Tag um den Mittag erreichen... So war es dann auch. Die Busfahrt dauerte geschlagene 34 Stunden! Wir hatten aber zum Glück Plätze ganz vorne im Bus und darum relativ viel Beinfreiheit, weshalb die Fahrt einigermassen erträglich war und ich konnte sogar zwischendurch etwas Schlaf finden. Die Mitarbeiter der Busgesellschaft kauten andauernd auf dem Miraa rum (Khat, siehe Abschnitt "Roadtrip nach Mombasa: Miraa und die Wächter der Tiere"), damit sie wachblieben und ich glaube, die waren wirklich (fast) die ganzen 34 Stunden auf den Beinen. Rauchen war im Bus verboten, aber der Fahrer rauchte in der Führerkabine mindestens vier Päckchen während der gesamten Fahrt :)
Die Strasse war immer sehr gut, was zur Erträglichkeit der langen Reise einiges beitrug. Unterwegs stoppten wir an mehreren Orten, um etwas zu Essen und zu Trinken, oder auch nur um mal eine Zigarette zu rauchen. So lernte ich in einem kleinen, aber weitläufigen Kaff eine "Speise" kennen, die in Tansania wohl sehr verbreitet ist. Ich orderte an einem Imbissstand ein paar Fritten und ich bekam eine Art Omelett, in das die Fritten "eingearbeitet" worden waren :) Es schmeckte aber okay.
Der Tag schlich dahin, die Fahrt schien ewig zu dauern. Schliesslich wurde es Nacht und wir machten mehrere Male Halt, um unsere Blasen zu erleichtern und Zigaretten zu rauchen. In der weiten Wildnis von Tansania kann es Nachts ganz schön kalt werden! Also in kurzen Hosen und einem T-Shirt fror ich ziemlich, auch weil stetig ein starker Wind wehte. Am nächsten Tag um 14:00 Uhr erreichten wir dann endlich Dar es Salaam. Natürlich war gerade Rush-Hour und der Bus blieb noch zwei Stunden lang im Verkehr stecken, bevor wir den Buspark erreichten...
Dort erwarteten uns schon jede Menge Taxifahrer und Gepäckträger. Jeder wollte etwas von uns und es war beinahe schwierig, aus dem Bus zu steigen, weil diese Leute den Eingang komplett blockierten und wild durcheinanderriefen. Wir schafften es dann aber doch :) Nun waren wir also in Dar es Salaam und hatten noch kein Hostel oder Hotel für die Nacht. Deshalb fragten wir einen der vielen Anwesenden, wo denn das nächste Hotel zu finden sei. Zwei Gepäckträger erklärten uns in gebrochenem Englisch, sie würden uns eines zeigen und unser Gepäck dorthin tragen. Wir willigten ein und verliessen den Buspark, unsere beiden Helfer hatten einen Karren dabei, auf den unser Gepäck geladen wurde. Es hatte die Nacht zuvor oder auch an diesem Tag wohl heftig geregnet, es sah nämlich aus, als stünde die gesamte Stadt unter Wasser :)
Wir erreichten ein Hotel relativ nahe vom Buspark und setzten uns erstmal und orderten ein kühles Blondes an der Bar. Unsere beiden Helfer wollten wieder zurückgehen und forderten deshalb Geld für ihre getane Arbeit. Sie wollten 2000 Tansanianische Schilling von uns. Uns erschien das etwas zuviel (naja, im Nachhinein war das vielleicht etwas blöd, 2000 Schilling in Tansania sind etwas mehr als einen Franken)... Deshalb brach ein kleiner Streit aus und schliesslich gingen die beiden Helfer zornig hinfort, ich versuchte, ihnen die 2000 Schilling doch noch zu geben, aber sie meinten, nur Gott würde sie bezahlen :)
Das Hotel, zu dem sie uns geführt hatten, erschien uns dann doch nicht so gut, also suchten wir uns ein Taxi und fuhren etwas in der Stadt rum, um uns mehrere Gasthäuser anzusehen. Da in Tansania Winter ist, wurde es schon um 18:00 Uhr dunkel. Mit dem Taxi nahmen wir eine der schlechtesten Strassen, die ich je gesehen habe (bisher). Und diese ist mitten in Dar es Salaam! Ich hatte manchmal das Gefühl, unser Taxi würde einfach versinken, so hoch stand das Wasser teilweise.
Wir fanden schliesslich ein günstiges und gutes Hostel, wo wir zwei Nächte verbrachten und machten uns dann auf, um in der Nähe des Strandes unser Zelt aufzuschlagen (Andrew hat keines dabei, meines ist aber gerade gross genug für zwei Personen). Wir weilten dann schliesslich für eine Woche an einem Ort namens "Mikadi Beach" und genossen das Leben an der Sonne und in den Wellen :)

Hier mal ein paar Fotos aus Dar es Salaam:





Erstes Foto: Stadtzentrum
Zweites Foto: Eine Seitenstrasse, die zu unserem Hotel führte
Drittes Foto: Der Ort, an dem unser Zelt stand :)
Letzes Foto: Strasse in Dar es Salaam nach einem sehr kräftigen Regenguss

Am Mikadi Beach lernten wir auch jede Menge Leute kennen, etwas schade war, dass an unserem Ort eigentlich nur Weisse zu finden waren (mal abgesehen von der Security und den Angestellten des Campingplatzes)... Doch trafen wir auch einen Rasta-Mann aus Uganda, der uns jede Menge lustige und abenteuerliche Geschichten erzählen konnte. Ausserdem war da noch dieser Typ, der eigentlich Spanier war, aber noch nie in Europa gewesen ist.
Die Security des Zeltplatzes war auch bemerkenswert, das waren nämlich alles Massai :)

In Tansania hatte ich (und auch Andrew) das erste Mal etwas Probleme mit der Sprache. Die Leute in Tansania sprechen Kiswahili (wohl auch noch andere afrikanische Sprachen) und nur sehr wenig Englisch. Die Sprachbarriere stellte uns aber nicht vor sehr grosse Herausforderungen, wir konnten uns stets artikulieren, auch wenn wir es manchmal mit Zeichensprache versuchen mussten :) Das Verstehen war etwas schwieriger, aber zumindest konnten die meisten ein paar Worte Englisch und wir konnten uns dann zusammenreimen, was gemeint war.
Dar es Salaam ist eine etwas geteilte Stadt, finde ich. Es gibt grosse, moderne Gebäude aber auch sehr viele heruntergekommene Wohnblocks und neben den guten Strassen auch sehr viele schlechte. Je nach dem, von wo man die Stadt betrachtet, kann man ganz verschiedene Bilder von ihr bekommen. Sie als schön zu bezeichnen, wäre aber etwas übertrieben :)
In Dar es Salaam gibt es wie in Mombasa auch viele Anhänger des muslimischen Glaubens. Das sieht man an der Kleidung der Leute und auch an den vielen Moscheen. Zudem ist auch die Bauart vieler Häuser arabisch geprägt (ich hoffe, man kann das so sagen und ihr könnt euch etwas darunter vorstellen). In Dar es Salaam passierte eine Reihe von Ereignissen, über die es sich zu berichten lohnt:

Um nach Mikadi Beach zu gelangen, muss man von der Stadt aus die Fähre nehmen. Diese kostet pro Person 200 Schilling. Andrew und ich hatten am zweiten Tag am Mikadi Beach kein Geld mehr und mussten einen ATM aufsuchen. In der Nähe des Mikadi Beach gibt es drei davon, doch natürlich hatten diese an jenem Tag alle keinen Strom und wir mussten in die Stadt. Uns war aber das Geld wirklich ausgegangen und wir konnten nicht einmal mehr 200 Schilling zusammenkriegen, wenn wir unser Geld zusammenlegten... :)
Wir beschlossen, Leute nach kleinem Geld zu fragen, um so die nötigen 400 Schilling aufzutreiben. Dies gestaltete sich als leichter als erwartet. Ein Mann, der Badehosen verkaufte, gab uns nach kurzem Verhandeln das Geld. Erst wollte er, das wir Andrews Mobiltelefon als Pfand hinterlassen, doch wir konnten ihn überzeugen, dass wir ihm das Geld zurückbringen würden :) So konnten wir dann doch noch an unser Geld gelangen, aber zuvor war ich schon etwas entmutigt und genervt gewesen (und vor allem auch hungrig).

An einem Abend beobachteten wir in einer Seitenstrasse wie zwei Wagen sich touchierten. Die Fahrer hielten an und drehten komplett durch. Da wurde geflucht, gerufen und gestikuliert, schliesslich auf den Wagen des anderen eingeschlagen und dann lieferten sich die beiden noch eine Verfolgungsjagd! Es war unglaublich, wie schnell das eskalierte :)

An einem anderen Abend beschlossen wir, uns etwas zu Kiffen zu kaufen. Wir setzten mit der Fähre zur Stadt über und trafen dort einen Boda-Fahrer, der uns versicherte, er würde ein paar Leute in der Stadt kennen. Also schwangen wir uns auf sein Motorrad und er fuhr uns in die Stadt an den Ort, an dem wir das Gras finden würden. Dort trafen wir auf drei Männer, die aussahen, als kämen sie aus Pakistan. Sie verkauften uns dann zwei Joints. Während der Übergabe sah ich einen Mann in Polizeiuniform auf uns zukommen. "There's somebody coming!", warnte ich die anderen. Der eine Pakistani winkte ab: "No Problem." Er gab dem Polizisten etwas Geld und dieser trottete von dannen. Auch in Dar es Salaam scheint die Korruption gross zu sein :) Wir machten uns auf den Weg zurück zur Fähre mit demselben Boda-Fahrer, der uns auch schon hierher gebracht hatte. Nun ist es in Dar es Salaam aber so, das die Tuk-Tuks und die Boda Bodas nur in bestimmten Zonen der Stadt fahren dürfen. Die Anlegestelle der Fähre gehört nicht dazu. Unser Boda-Fahrer fuhr uns aber direkt dahin. Wir stiegen ab und gaben ihm das Geld für die Fahrt, er wollte noch etwas mehr haben, weil es gefährlich für ihn war, zwei Typen mit Drogen auf dem Motorrad zu haben...
Kurz nachdem wir abgestiegen waren, sahen wir einen Polizisten auf uns zurennen. Mir wollte das Herz schon in die Hose rutschen, doch der Beamte hatte es nicht auf uns abgesehen, sondern auf den Boda-Fahrer! Der Polizist sprang mit einem gewagten Satz hinten auf das Motorrad und der Fahrer gab Gas. Mit wilden Schlenkern versuchte er, den Mann auf seinem Rücksitz loszuwerden (dieser konnte sich nur mit Not und Mühe festhalten :)). Schliesslich machte das Motorrad kehrt um 180 Grad und geriet dann ausser Kontrolle. Es krachte mit beachtlicher Geschwindigkeit in die zahlreichen Strassenstände an der Anlegestelle und verletzte wohl auch ein paar der Verkäufer. Wir verschwanden auf jeden Fall schnellstmöglich!

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Die Menschen in Dar es Salaam empfand ich persönlich als etwas unfreundlich, aber wahrscheinlich lag das nur an der vorhandenen Sprachbarriere.
In Dar es Salaam gibt es sehr viele Strassenhändler, die jede Menge Krimskrams verkaufen. Viele gehen einfach rum und machen komische Geräusche mit ihren Lippen (ich kann das wirklich nicht anders beschreiben), um die Kunden auf sich aufmerksam zu machen :) Andere benutzen eine ähnliche Methode, in dem sie eine Handvoll Münzen klimpern lassen.

In Uganda gibt es eine Zigarettenmarke, die sich "Sportsman" nennt (komischer Name für Zigaretten, ich weiss). In Tansania werden diese aber "Portsman" genannt, erst dachte ich an eine Fälschung, die Dinger wurden aber überall verkauft:


Auf der Fähre trafen wir eines Tages einen besonderen Mann. Dieser konnte seinen Körper in unmögliche Positionen bringen und ihn unglaublich verrenken. Ich wollte erst auf der Fähre ein paar Fotos von ihm machen, aber das Fotografieren auf dem Schiff ist verboten und ich wurde von einem Aufseher zurechtgewiesen.
Am Strand zeigte uns der Mann dann aber noch ein paar von seinen Kunststücken. Es war wirklich beeindruckend, was er alles mit seinem Körper anstellen konnte! Ein alter Mann erzählte uns, dieser Künstler (ich bezeichne ihn einfach mal als das) hätte spezielle Kräuter zu sich genommen, um seinen Körper in eine bestimmte Lage zu versetzen, damit das alles möglich sei. Ich glaubte das zwar nicht, es war aber spannend zu hören, was die Leute hier so denken :)




Tansania ist ein riesiges Land. Fährt man mit dem Bus durch es hindurch, so sieht man viele Hügel, die von endlosen Wäldern bedeckt sind. Alles ist sehr grün und die Landschaft unterscheidet sich deutlich von Uganda oder auch Kenia. Leider habe ich während der Fahrt durch Tansania keine Bilder gemacht, aber vom Bus aus hat man halt auch nicht sooo wahnsinnig viel gesehen.

Eva kam übrigens dann doch noch in Dar es Salaam an und sie traf uns am Mikadi Beach. Nach einer Woche wollten ich und Andrew dann aber weiterreisen, doch sie hatte sich entschlossen, noch etwas in Dar es Salaam zu bleiben, weshalb sich unsere Wege dann dort trennten. Andrew und ich hatten beschlossen, nach Malawi weiterzureisen. Das taten wir dann auch, aber etwas anders als erwartet.
Im Buspark von Dar es Salaam kauften wir uns Tickets von dort nach Lilongwe, der Haupstadt von Malawi. Es gab zwei Auswahlmöglichkeiten: Den normalen Bus zu nehmen, mit dem die Fahrt 38 Stunden dauern würde. Oder es gab den Express-Bus, der es in 24 Stunden schafft, so sagte man uns. Im Express-Bus sei auch das Essen im Preis inbegriffen (Normaler Bus: 100'000 Schilling, Express-Bus: 130'000 Schilling). Da wir die Nase etwas voll hatten von überlangen Busreisen, entschieden wir uns für die Express-Methode. Der Bus verliess Dar es Salaam um 05:00 Uhr morgens, deshalb schlugen wir die Nacht in einem Pub auf den Kopf.
Der Express-Bus war dann aber mehr als eine Enttäuschung. Die Sitze waren sehr eng, es war ungemütlich und der Bus überladen. Zu allem Übel erklärte man uns dann auch noch auf halber Wegstrecke, der Bus würde nur bis zur Grenze von Malawi und nicht bis nach Lilongwe fahren :) Ausserdem war das Essen NICHT inbegriffen... Der Express-Bus verdient seinen Namen "Express" aber wirklich. Ich habe noch nie einen Busfahrer so rasen sehen. Zwischendurch gab es richtige Passstrassen die Hügel hoch oder runter und der Mann nahm diese in einem solchen Affenzahn, das ich teilweise zweifelte, ob ich Malawi lebendig erreichen würde :)
Auf tansanianischen Strassen gibt es immer wieder auch diese Bumper (siehe Roadtrip nach Mombasa), die einem zum Bremsen zwingen. Unser Express-Busfahrer missachtete diese aber grundlegend und jedesmal, wenn der Bus über einen Bumper fuhr, rüttelte es dermassen heftig, das einem der Hintern an die dreissig Zentimeter über den Sitz gehoben wurde, wenn man nicht angeschnallt war :) An Schlaf war also keineswegs zu denken. Erst fand ich die rasante Fahrt noch amüsant, doch es wurde mühsam, als der Bus irgendwo in den Hügeln zum erliegen kam und erstmal zwei Stunden reparieren angesagt war...
Am späten Abend des selben Tages erreichten wir dann die Grenze von Malawi. Wie es dort weiterging, wird demnächst berichtet.

Ich hatte lange Zeit keinen Internetzugang mehr, weshalb eine so grosse Zeitspanne zwischen den Beiträgen liegt. In Zukunft wird es wieder schneller gehen.

Freitag, 2. Mai 2014

Ein kleines Drama in Kampala oder wie ich es ins lokale Fernsehen geschafft habe

Ich habe schon mal erwähnt, das ich für eine längere Zeit (ich glaube es waren an die zwei Monate) in einem Hotel/Hostel namens "Kampala Premier Inn" gewohnt habe. Ich wäre dort gerne noch etwas länger wohnen geblieben, doch letzten Mittwoch passierte etwas, was dies leider verhinderte. Diese Geschichte gibt es nun in diesem Eintrag zu lesen.

Es war ein Mittwochmorgen wie jeder andere. Ich war gerade aufgestanden und setzte mich um 10:00 Uhr an den Tisch, um mein Frühstück zu mir zu nehmen. Ich plauderte etwas mit Mark Okello und Joyce (sie war ebenfalls eine Angestellte im "Kampala Premier Inn"). Plötzlich kamen an die dreissig Polizisten in das Hotel, gefolgt von etwa zwanzig Männern, die aussahen, als wären sie Sträflinge. Ich wunderte mich ziemlich, was denn all diese Leute hier wollten, das Hotel bot nämlich nur Unterkunft für etwa zwanzig Leute.
Die Polizisten fingen an, mit den Angestellten des "Kampala Premier Inn" zu reden. Ich verstand leider nichts, weil es nicht Englisch war. Das ging so eine halbe Stunde weiter, eine Menge Bla-Bla, und ich konnte sehen, dass einer der Polizisten, ein Mann so fett wie ein Nilpferd, mit irgendwelchen Dokumenten herumhantierte und Notizen machte.
Schliesslich redete ich mit ein paar der Polizisten, ich konnte aber nicht herausfinden, was denn genau los war. Es dauerte noch ein Weilchen, dann kam der monströse Polizeimann zu mir und erklärte mir die Situation. Die Frau, der das Hotel gehörte, hätte die Miete die letzten drei Monate nicht bezahlt. Also würde nun alles, was ihr gehöre (sprich die gesamte Einrichtung), nach draussen verfrachtet. Er entschuldigte sich bei mir auch überschwenglich für die Unannehmlichkeiten.
Dann kam der Besitzer des Grundstücks (und des Hauses, in dem das Hotel ist) und fing an, mich anzubrüllen, ich hätte die Miete für die letzten drei Monate nicht bezahlt, was mir eigentlich einfalle und so weiter. Ich war erstmal etwas vor den Kopf gestossen, fasste mich aber schnell wieder. Als dieser Mann anfing, meine Brust mit seinem ausgestreckten Warnfinger zu traktieren, reichte es mir dann. Ich rastete aus und wies ihn zurecht, ich sei doch nur "a motherfuckin' guest, you fuckin' asshole!". Meinen Wutausbruch bemerkten die umstehenden Polizisten natürlich und sie beruhigten mich dann lächelnd. Sie erklärten dem Mann, ich sei wirklich nur ein Gast und hätte nichts damit zu tun, das die Miete ausgeblieben ist. Danach schüttelten wir uns die Hand, sein Angebot, ich könnte doch etwas warten, es würde nicht lange dauern und er würde sein eigenes Equipment bringen um das Hotel fortzuführen, lehnte ich aber dennoch ab. Ich kenne die Leute vom "Kampala Premier Inn" so gut, das es mir nicht gefiehl, fortan mit diesem Arschloch unter einem Dach zu wohnen.
Die Männer, die wie Sträflinge aussahen, fingen an, die Bude komplett auseinander zu nehmen. Alles wurde rausgeschmissen, -gerissen und -getragen. Es war ein ziemliches Chaos und man hätte meinen können, in dem Hotel sei ein Drogen- oder Waffenlager versteckt gewesen, das es nun zu finden galt. Die Leute schmissen das gesamte Interieur des Hotels einfach auf die Strasse. Ich habe ein Bild von dem Krempel gemacht, zumindest sieht man einen Ausschnitt davon:


Es wurde nicht gross Sorge zu den Sachen getragen, ich habe einige Betten gesehen, die komplett auseinandergerissen worden waren. Dann kamen ein paar Lastwagen und man begann, den ganzen Kram auf diese Trucks zu laden. Ich habe übrigens keine Ahnung, wo man das alles hingebracht hat :)
Die Lastwagen verstopften dann erstmal die Strasse und es bildete sich ein grosser Menschenauflauf, viele Autofahrer hielten auch einfach an und beobachteten das Schauspiel. Offenbar passiert sowas nicht aller Tage in Kampala :) Ich ging dann erstmal in meinen Raum, bevor die Leute alles rausreissen konnten. Dort packte ich mein Hab und Gut und trug es nach draussen an einen sicheren Ort. Die Polizei erklärte mir nämlich, ich solle mit meinen Dingen aufpassen, die angeheuerten Leute, die das Chaos im Hotel verbreiteten, seien nämlich dafür bekannt, gerne mal was mitgehen zu lassen :) Schon komisch, dass die Polizei mit denen zusammenarbeitet :)
Naja, jedenfalls spielte sich dann draussen ein kleines Drama auf der Strasse ab. Ich wartete zusammen mit den Angestellten des ehemaligen "Kampala Premier Inn" und ein paar von ihnen weinten, weil sie mit dem Hotel auch ihren Job verloren hatten und wie man weiss, ist es sehr schwer in Uganda einen Job zu finden, ganz einfach, weil es (fast) keine Jobs gibt...
Ich sprach ihnen dann gut zu und versuchte vor allem Joyce, der es wirklich nicht mehr gut ging, zu beruhigen. Das gelang mir dann auch ziemlich gut. Es dauerte nicht lange, da rissen die Leute den Kühlschrank aus der Küche und schleppten das Ding nach draussen. Dort stellten sie ihn ab und jemand öffnete den Kühlschrank. Er war vollgefüllt mit Bier. "Let's drink!", brüllte einer und die Meute stürtzte sich auf den Gerstensaft.
Ich ergatterte mir ein paar Bier und Smirnoff (Wodka-Getränk) und fing mit den Angestellten ebenfalls zu trinken an, während wir das Schauspiel weiter beobachteten. Jemand wollte dann noch Marks Schuhe stehlen, ich konnte das aber glücklicherweise verhindern :) Nun kamen zu dem ganzen Menschenauflauf und den Autofahrern auch noch die Leute von der Presse hinzu. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, um den Verkehr einigermassen zu regeln und die Leute daran zu hindern, Dinge aus dem Hotel zu stehlen. Die Sauferei hingegen schienen sie komplett zu ignorieren.
Da ich der einzige der Anwesenden mit weisser Hautfarbe war, roch die Presse natürlich die Story und die Reporter stürzten sich wahrlich auf mich. Sie schossen mindestens tausend Fotos von mir und dann wurde ich auch noch interviewt. Dreimal, von drei verschiedenen Fernsehsendern :) Ich hatte plötzlich ganz gut einen sitzen, weil es ja erst 11:30 Uhr morgens war und wir schon etlich Biere vernichtet hatten, die Interviews waren dementsprechend amüsant :)
Eine Stunde später beruhigte sich die Lage dann und die Trucks waren vollgeladen mit dem Kram irgendwo hingefahren. Ich wünschte allen Angestellten des ehemaligen "Kampala Premier Inn" alles Gute und machte mich von dannen, um noch kurz im ITCT-Center vorbeizuschauen, wo ich natürlich die Story der Woche auf Lager hatte :)

Ich kann sagen, ich hatte wirklich Glück gehabt, zu der Zeit noch im Hotel zu sein, als die Polizei mit ihren Helfern kam. So wurde mir nur mein MP3-Player und meine Sonnencreme (was zur Hölle?) geklaut. Andere Gäste, die zu der Zeit nicht im Hotel waren, aber natürlich ihr Gepäck in den Räumen gelassen hatten, standen dann plötzlich ohne jegliches Hab und Gut da, nur die Dinge, die sie am Körper trugen, hatten sie noch... Alles andere war geklaut worden. Oben auf dem Bild sieht man die GAPCO-Tankstelle, später am Abend berichteten mir die Angestellten dieser Tankstelle, sie hätten eine weisse Frau gesehen, die immer wieder weinend vor dem geschlossenen Hotel auf und ab gegangen wäre, wohl weil sie realisierte, das alles verloren war...
Am nächsten Tag sagte mir Charlotte, meine "Chefin" (man kann sie nicht wirklich als Vorgesetzte bezeichnen, weil ich es einfach nicht so empfand), sie hätte mich im Fernsehen gesehen... Ich hatte nicht unbedingt damit gerechnet, dass sie diese Story wirklich bringen würden, aber so war es. Auch als ich später an diesem Tag etwas in der Stadt rumging, erkannten mich einige Leute wieder und sprachen mich darauf an :) Es war schon sehr speziell, wenn einem Leute auf der Strasse wiedererkennnen, jetzt weiss ich zumindest ansatzweise, wie sich ein Star fühlen muss :)
Etwas Lustiges erzählte mir dann Mark vom ITCT-Center noch: Mister Francis, der Mann von der Ntinda East High School, wo ich Deutsch unterrichtet hatte, habe angerufen (ich habe nach ein paar Wochen den Unterricht dort eingestellt, weil meine Chefin mir gesagt hatte, ich solle mich auf andere Dinge konzentrieren). Er sagte Mark sowas wie: "First this guy tells us he has Malaria, then he goes travelling for two weeks and does not come back and now the guy is on TV. Who the fuck is this?"
Ich musste wirklich lachen. Was der Mann sagte, stimmt übrigens nicht. Ich hatte keine Malaria, sondern nur Bauchschmerzen, weil ich etwas Schlechtes gegessen hatte. Ausserdem hatte ich ihnen von meinen Reiseplänen (Roadtrip nach Mombasa) berichtet und mich danach auch abgemeldet. Naja, liebe Leser/-innen, so war das. Nächste Woche starte ich Richtung Südafrika (in Ruanda, Tansania, Malawi und Mosambik werden unterwegs weitere Abenteuer bestanden). Bis demnächst!